Autor: Michael Reiter
Veröffentlichung: 15.01.2024
Auch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ist der Jahreswechsel der Zeitpunkt, zu dem man Bilanz zieht. Die sieben Gesetze, die das Ministerium 2023 durch den Bundestag gebracht hat, beinhalten auch wichtige Schritte auf dem Weg zur digital gestützten Gesundheitsversorgung. Im neuen Jahr will das Ministerium die Digitalisierung weiter voranbringen.
Noch im Dezember gelang dem Team um Prof. Dr. Karl Lauterbach die Verabschiedung zweier Gesetze mit Digitalisierungsfokus im Bundestag. So gibt das Digital-Gesetz (DigiG) die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle Patient*innen bis 2025 vor und legt die – ausgesetzte – E-Rezept-Pflicht ab dem 1. Januar 2024 fest. Ferner bringt es Erleichterungen für Videosprechstunden inklusive assistierter Telemedizin in Apotheken und ebnet den Weg zum Ausbau der Telematik-Infrastruktur. Die Cybersicherheit bestärkt es ebenfalls. Besondere Aufmerksamkeit verdient, dass die GKV-Kassen für ihre Mitglieder und Versicherten auf Wunsch eine digitale Identität in Form einer „GesundheitsID“ einrichten sollen, wodurch sich Patient*innen eindeutig zuordnen lassen.
Die Rahmenbedingungen für die Forschung mit Gesundheitsdaten soll das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) verbessern. Hohe Datenschutzstandards und dezentrale Datenhaltung haben im GDNG eine große Bedeutung. Das Gesetz sieht die Schaffung einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle zur Verwendung von Gesundheitsdaten sowie die Weiterentwicklung des Forschungsdatenzentrums vor. Eingeführt werden soll ein Forschungsgeheimnis für die Nutzung von Gesundheitsdaten.
„Mit den Digitalgesetzen läuten wir für das deutsche Gesundheitswesen endlich das digitale Zeitalter ein“, hob der Bundesgesundheitsminister hervor. Sie markierten einen entscheidenden Schritt in Richtung eines neuen, lernenden Gesundheitssystems. Dieses solle sowohl die Spitzenmedizin verbessern als auch die Routineversorgung sicherer machen. Prof. Dr. Karl Lauterbach zeigte sich optimistisch: Damit werde es Deutschland gelingen, bei Krebsforschung, Demenzstudien und weiteren wichtigen Forschungsfragen wieder an die Weltspitze zu kommen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kommentierte positiv: Diese Gesetze stellten maßgebliche Weichen zu einer Verbesserung der Digitalisierung und Datennutzung im Gesundheitswesen. Insbesondere begrüßte die Gesellschaft die beschleunigte Einführung der ePA und die verbesserte Nutzung von Gesundheitsdaten für die Forschung.
Das Digitalgesetz könne der ePA den Schub geben, der sie als ePA für alle zum Herzstück eines digitalen Gesundheitswesens mache, stellte Dr. Doris Pfeiffer als Sicht der GKV fest. Endlich bekämen die Patientinnen und Patienten die Hoheit über ihre Daten, fuhr die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands fort. Die Opt-out-Lösung sei dafür ein richtiger und notwendiger Schritt; allerdings sei der Zeitplan, die ePA für alle schon zum 1. Januar 2025 einzuführen, zu straff. So sei die kurze Frist zwar ein geeignetes Signal an die Industrie, so schnell wie möglich gut ausgereifte Produkte an den Start zu bringen. Aber damit die Versicherten genug Zeit für eine informierte Entscheidung für oder gegen die ePA und die Krankenkassen zur Vorbereitung der Opt-out-Lösung erhielten, sollte die ePA für alle erst im Juli 2025 starten, kommentierte Pfeiffer: „Denn es hilft letztlich niemandem, wenn die Opt-out-ePA zwar schnell, aber unausgereift eingeführt wird“.
Im Herbst hatte der Bundestag das Pflegestudiumstärkungsgesetz beschlossen. Das PflStudStG soll die Attraktivität der Pflegeberufe erhöhen; hierzu dient unter anderem die Modernisierung der Studieninhalte etwa im Bereich der Digitalisierung. Für die anstehende Umsetzung von IT in der Pflege wird somit die Kompetenz geschaffen.
Positiv befand der Bundestag auch über das Krankenhaustransparenzgesetz. Es soll die Grundlage für einen interaktiven Krankenhaus-Atlas im Internet schaffen, der übersichtlich darstellt, welche Klinik welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet. Das Gesetz stellt neue Anforderungen an die Krankenhäuser, die sich nur durch das erweiterte Sammeln und Analysieren von Behandlungsdaten meistern lassen. Dieses Gesetz reichte der Bundesrat an den Vermittlungsausschuss weiter.
Weitere 15 Gesetze hat sich das Team um Lauterbach für das neue Jahr vorgenommen. So soll in Verbindung mit den verabschiedeten Digitalgesetzen ein Medizinforschungsgesetz auf Grundlage von Patientendaten die Möglichkeiten für klinische Studien erweitern. Die Zentralisierung von Richtlinien zu Datenschutz und Ethik soll bürokratische Hürden senken, damit etwa Studien schneller zugelassen werden können. Für Notdienste möchte das BMG unter anderem die digitale Vernetzung der Rettungsleitstellen und Terminservicestellen und den Aufbau integrierter Notfallzentren an Krankenhäusern festlegen. Weiter gestärkt werden soll die Digitalisierung insbesondere durch den Ausbau der gematik zur digitalen Gesundheitsagentur.
Auch im neuen Jahr will der Bundesgesundheitsminister somit im Kontext der IT im Gesundheitswesen vieles voranbringen. Diese Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung von Behandlungsdaten für eine souveräne Steuerung der Krankenhäuser.